Stellungnahme zur Räumung des Kirchenasyls in Gelsenkirchen

Am Montag, den 13. Januar 2020, wurde in Gelsenkirchen offenbar auf Anordnung des BAMF von der dortigen Ausländerbehörde ein Kirchenasyl geräumt. Der junge aus Afghanistan stammende Mann, der sich im Kirchenasyl befand, wurde über den Flughafen Frankfurt nach Dänemark abgeschoben. Es handelte sich hier um einen sog. Dublin-Fall.

In Dänemark droht ihm nun die weitere Abschiebung nach Afghanistan. Zu solchen „Kettenabschiebungen“ ist es in der Vergangenheit aus skandinavischen Ländern immer wieder gekommen.

Die Familie des Mannes – seine Eltern und sein minderjähriger Bruder – befinden sich, nach einem erfolgreichen Kirchenasyl, in Deutschland und können hier ihr Asylverfahren betreiben. Die Trennung der Familie unterstreicht die in diesem Fall angewandte Willkür der Behörden, die den in Artikel 6 GG garantierten besonderen Schutz der Familie missachtet.

Als Engagierte im Bereich des Kirchenasyls hier in Hessen nehmen wir von mAqom – Kirche und Zuflucht e.V. diesen Bruch eines Kirchenasyls mit größter Sorge wahr. Der Bruch wurde vorgenommen entgegen einer seit 1995 bestehenden Zusage der Landesregierung, Kirchenasyle zu achten.

Für uns stellt sich die Frage, wie ernst man nach dieser Erfahrung entsprechende Bekundungen von politisch Verantwortlichen hier in Hessen noch nehmen kann. Das Vertrauen in ein an den Menschenrechten orientiertes Handeln staatlicher Behörden wird durch diese Aktion jedenfalls zutiefst erschüttert. Sie reiht sich ein in eine Abfolge von Drangsalierungen, denen sich Kirchenasyl gewährende Gemeinden zunehmend ausgesetzt sehen.

So wurden vom BAMF mit den Kirchen getroffene Verabredungen zu Kirchenasylen einseitig geändert mit dem Ziel, deren Durchführung zu erschweren, wenn nicht sogar zu verunmöglichen. Darüber hinaus wurde mit Strafanzeigen gegen Pfarrpersonen, die in ihren Gemeinden Schutzsuchende ins Kirchenasyl genommen hatten, ganz offensichtlich versucht, diese und alle, die es ihnen gleichtun wollten, einzuschüchtern.

Doch nichts davon, auch nicht die jüngste Maßnahme in Gelsenkirchen, wird uns davon abhalten, unser Engagement aufrecht zu erhalten. Jeder Mensch, der von uns im Kirchenasyl geschützt wird, erhält diese Unterstützung aus gutem Grund. Stets stehen basale Rechte der Betroffenen auf dem Spiel, die bei einer Abschiebung aufs schwerste missachtet zu werden drohen.

Unser Handeln folgt unserem christlichen Glauben, vor allem aber berufen wir uns auf das höchste rechtliche Prinzip , das die Verfassung unseres Staates kennt: die Achtung der Menschenwürde. Wo staatliches Handeln, das gem. Artikel 1 GG als erstes und vorderstes diesem Prinzip Rechnung zu tragen hätte, ihm nicht genügt, sehen wir uns in der Pflicht, den Staat im konkreten Fall an seine Verantwortung zu erinnern und ihm die Möglichkeit zu geben, sich selbst zu korrigieren. Davon können, wollen und werden wir auch künftig nicht abrücken.