Tag des Kirchenasyls und 10 Jahre Sommer der Migration

Bildrechte: Amnesty International/Sebastian Brötzner

Heute am 30. August ist der Tag des Kirchenasyls. Die Kirchenasylbewegung begann nach dem tragischen Tod von Kemal Altun vor 42 Jahren. Der Asylsuchende sprang während seiner Gerichtsverhandlung in Berlin aus dem Fenster.

Vor zehn Jahren begannen Geflüchtete in Budapest den „march of hope“ und brachen zu Tausenden Richtung Zentraleuropa auf. Die damaligen Regierungen setzten, anders als heute, geltendes europäischen Recht um und wiesen die Menschen an den Grenzen nicht ab. Die deutsche Regierung machte von ihrem Recht auf Selbsteintritt im Dublin-Abkommen Gebrauch. Über eine Million Menschen erstritten sich so Chancen auf Schutz und Lebensperspektiven in der EU.

Viele von ihnen erreichten mit Sonderzügen, den „trains of hope“, auch Frankfurt und landeten in hessischen Kommunen. In den folgenden Monaten unterstützen viele Ehrenamtliche die Angekommenen in ihrem Alltag. Mitten im Geschehen waren viele Kirchengemeinden, welche die Geflüchteten unterstützen und in deren Räumlichkeiten bald Deutschkurse oder Asylcafés entstanden.

Einige dieser Menschen waren kurze Zeit später mit Dublin-Abschiebungen in andere europäische Staaten konfrontiert. In dieser Situation suchten die Kirchengemeinden gemeinsam mit den Geflüchteten nach Lösungen und kamen mit Kirchenasyl in Berührung – meist für alle das erste Mal.

Die Pfarrerin Susanne Domnick organisierte in dieser Zeit das erste Mal ein Kirchenasyl. Für die Durchführung des Kirchenasyls für eine junge iranische Frau und Familie aus Syrien brauchten sie Unterstützung.

„Ich war bei einem Konzert im Jugendzentrum Friedberg und bin dort auf die Bühne gegangen, am Ende kamen 20 Jugendliche, die das Kirchenasyl unterstützen wollten“, erzählt Pfarrerin Domnick.

„Beim Kirchenasyl haben sich viele Menschen engagiert, die Kirche längst abgeschrieben hatten. Das hat wiederum die Kirchengemeinde geöffnet.“

Der Sommer der Migration 2015 veränderte die deutsche Gesellschaft. Für einige Monate bestimmten Solidarität und Empathie den politischen Diskurs um Fluchtmigration. Menschen setzen ihre eigenen Fluchterfahrungen als Kinder im zweiten Weltkrieg in Verbindung zu den geflüchteten Menschen aus Syrien und Afghanistan. „Nach einem Gottesdienst kam eine ältere Dame zu mir und legte mir 50€ in die Hand“, so Pfarrerin Domnick“, „sie setzen ich doch jetzt so für die Geflüchteten ein, ich weiß noch wie das ist.“

Auch Pfarrerin Anja Harzke nahm 2015 mit ihrer Frankfurter Gemeinde zum ersten Mal einen Geflüchteten ins Kichenasyl auf.

„Es war bewegend zu erleben, wie zuerst skeptische Gemeindeglieder sich für diesen jungen Mann einsetzen und ihn – auch nachdem er einen Aufenthaltsstatus bekommen hatte – weiterhin unterstützen“, so Pfarrerin Harzke.

„Hier tut Kirche das, was für mich christliche Nächstenliebe ausmacht“ – dieser Satz eines Gemeindemitglieds ist Harzke besonders in Erinnerung geblieben. Das eigene Kollektenkörbchen „für das Kirchenasyl“ – war dementsprechend immer gut gefüllt.

Filimon Efrem war selbst einige Monate im Kirchenasyl in Bügel/ FFM.

„Das Kirschenasyl war für mich ein lebensrettender Ort. Er gibt Menschen in schwierigen Situationen Hoffnung, Sicherheit und eine echte Chance, ihr Leben neu aufzubauen. Ohne diesen Ort wäre mein Weg viel schwerer gewesen.“, beschreibt der junge Mann aus Eritrea seine Erfahrung.

Efrem wäre nach Italien in die Obdachlosigkeit abgeschoben worden. Hier in Deutschland hat in der Zwischenzeit seinen Schulabschluss und eine Pflege-Ausbildung abgeschlossen. Seit April dieses Jahrs macht er eine Weiterbildung zum Pflegefachmann. „Alles läuft für mich gut, und ich gehe meinen Weg mit Zuversicht und Entschlossenheit.“

In Zeiten eines autoritären Umbaus und rechtswidriger Grenzpolitik haben diese Monate im Jahr 2015 ein fast utopisches Moment, an dem es festzuhalten gilt.

„Mit der Praxis des Kirchenasyl treten wir für eine menschenrechtsbasierte Asylpolitik“, so Johannes Krug, Vorsitzender von mAqom, „der Tod von Kemal Altun ist uns eine bleibende Verpflichtung, die Rechte und Menschenwürde von Geflüchteten zu stärken.“

Hessische Kirchengemeinden organisierten seit 2015 gut 2000 Kirchenasyle und gewährten auf diese Weise mehr als 2500 Menschen Schutz vor Abschiebungen und menschenunwürdigen Bedingungen. In individuellen Dossiers wurde dem BAMF dargelegt, welche Gerichtsurteile und Gewalterfahrungen einer Abschiebung entgegenstehen.

 

Erklärung der BAG Asyl in der Kirche zum Tag des Kirchenasyls

Hintergund-Dossier zum Tod von Cemal Kemal Altun (1960-1983)

 

Du betrachtest gerade Tag des Kirchenasyls: Erinnern an die christliche Verpflichtung hinzusehen und etwas entgegenzusetzen

Gedenkg’ttesdienst an Cemal Kemal Altun (1960-1983)